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Lebenswelten mitgestalten

am 8. Oktober 2018 in Zusammenleben am Hof

Vielfalt gestalten

Lebensqualität Bauernhof Tirol: Die bäuerlichen Lebenswelten mitgestalten.

Die zwölf Bäuerinnen, die das dritte  Mal zum Bäuerinnen-/Unternehmerinnenstammtisch ihres  Bezirkes zusammenkommen, sind aufgeregt. Für das heutige Treffen haben  sie  sich  das  Thema  „Umgang mit Konflikten am Hof“ vorgenommen. Wenn man in den Raum schaut, zeigt sich ein buntes, äußerst lebendiges  Bild von selbstbewussten Frauen. Sie kommen  aus unterschiedlichen bäuerlichen Betrieben und haben vor allem das Bedürfnis,  sich auszutauschen, Ideen zu erhalten, wie sie das Miteinander am Hof gestalten können. Es wird diskutiert und  überlegt,  was  sie tun können, um sich selbst und gegenseitig zu stärken und  die eigene  Lebensqualität zu spüren.  Sie wissen um den Zusammenhang von Lebenssinn, Balance der  Kräfte und Beziehungen,  die lebendig und unterstützend sind,  um  auch den  beruflichen und betrieblichen Ansprüchen gewachsen zu sein. Sie fragen nach, sind offen und wertschätzend im  Umgang  miteinander. Sie planen Schritte  zur Umsetzung  für ihren Alltag. Beim nächsten Treffen wollen sie  weiterarbeiten und  den Schwerpunkt auf Versöhnung legen.

Der Stammtisch für die Bäuerinnen ist eines von mehreren Bildungsangeboten, das „Lebensqualität Bauernhof“ (LQB) initiiert hat.

Bei der von der Tiroler Bäuerinnenorganisation durchgeführten Mitgliederbefragung  im  Jahre  2003 wurde  die  Einrichtung  einer  psychosozialen Unterstützung für bäuerliche Familien in schwierigen Lebenssituationen gefordert. Die landwirtschaftliche  Fachberatung der Landwirtschaftskammer Tirol sollte  durch ein niederschwelliges Beratungs- und Bildungsangebot ergänzt werden. Die Bäuerinnen beobachteten, dass Zufriedenheit in betrieblicher  und  familiärer Hinsicht eng zusammenhängen. Wenn  es irgendwo „Fehlentwicklungen“ gibt,  dann tun sich die Frauen leichter, es anzusprechen.

Im März 2006 startet das Angebot. Es wurde auf zwei Ebenen angelegt: zum einen Bildung und Prävention zu Themen wie Hofübergabe/Hofübernahme, Zusammenleben der Generationen, Lebensbalance, Pflege usw. Das zweite Standbein ist Beratung zu zwischenmenschlichen Themen, die von Frauen und Männern und Familien genützt werden kann.

Die Überraschung war groß,  dass vor allem die Beratung  bei den Bäuerinnen und Bauern  sofort angenommen wurde.  Allen war bewusst, dass der Bedarf  da ist, doch gab es  eine große  Unsicherheit, ob  das Tabu, sich auf persönlicher Ebene professionell unterstützen zu lassen, gebrochen werden  kann.  So war  der  erste  Kontakt bereits  das am häufigsten angefragte  Beratungsthema:  das  Zusammenleben in den Generationen. Es gibt großen  Bedarf quer durch  alle Altersgruppen, sowohl bei Männern als auch bei Frauen, zu Themen wie Partnerschaft, eigene Erkrankung, Überforderung, Pflege, Alkohol in der  Familie.

Oft nur ein Anruf

Mit Ende des Jahres 2017 haben  über 840 Familien  oder Einzelpersonen in Tirol die Beratung  bei Lebensqualität Bauernhof  in Anspruch  genommen.  Manchmal genügt ein entlastendes Telefonat, manchmal braucht es Jahre, bis sich die Verhältnisse verbessern. In vielen Situationen hat sich, unterstützt durch  die Beratung,  eine neue Lebensqualität entwickeln  können.  Wenn Menschen erkennen, dass  die Gestaltung der  persönlichen und  familiären Situation viel mit  Nachdenken über die eigenen Möglichkeiten  zur  positiven Mitwirkung zu tun hat, dann sind die Chancen zur Veränderung äußerst befriedigend.

Zielklarheit:  Mit dem zwar kleinen  Referat Lebensqualität Bauernhof   wird  deutlich, dass es nicht mehr tabu sein darf, die zwischenmenschlichen  und  persönlichen Themen  zu benennen und  sich professionelle Hilfe von außen zu holen. Das Referat ist im Fachbereich Bildung und  Beratung der Tiroler Landwirtschaftskammer angesiedelt  und kooperiert eng mit den Bezirken und dem Ländlichen  Fortbildungsinstitut (lfi) der Landwirtschaftskammer.

Einfach: Unbürokratisch, diskret,  kostenlos und auf Wunsch anonym können sich Menschen psychosoziale Beratung holen. Die Beratung  erfolgt  vor allem in den Bezirkslandwirtschaftskammern.

Für  manche  Kunden  ist  es nicht  einfach, im eigenen Bezirk eine Beratung in Anspruch zu  nehmen.  Auch Fritz hat  sich ein bisschen geschämt.  Deshalb rief er an und bat um eine Beratung  im angrenzen- den  Bezirk. Die Bezirkskammern wissen um das heikle Thema und gehen mit den Anfragen unkompliziert um. Fritz ging erleichtert aus der Kammer. Er war stolz auf sich, dass  er den  Schritt  getan hat, spürte, dass es auch im zwischenmenschlichen Bereich  gute  Unterstützung  braucht.  Er war auch ein bisschen  beunruhigt, weil er plötzlich wusste, das ist ein großes Stück Arbeit, Dinge zu Hause so zu verändern, dass er nicht dauernd an den eigenen Grenzen verzweifelt.

Felsenfestes Anliegen: Dem Team Lebensqualität ist es wichtig, in Wertschätzung für die Öffnung und Stärkung von Menschen im bäuerlichen Umfeld zu wirken, um sie bei den Anforderungen des Lebens zu begleiten. Es macht Freude, mit den Menschen zu arbeiten, auch wenn das „bockige Tirolerische“ gar nicht so selten zu sehen ist.

Kombination Bildung und Beratung: Von Beginn an war klar, dass es eine enge Verbindung  zwischen  den Bereichen  Prävention und Beratung  braucht. Vor allem mit Bildung und Öffentlichkeitsarbeit werden Menschen erreicht, um sie zu sensibilisieren.

Individuelle  Konzepte  für die Familien: In den Jahren seit Entstehung von Lebensqualität Bauernhof    kann  beobachtet werden, dass es eine hohe Diskrepanz zwischen Vorstellungen zum Leben, wie es sein sollte, und den realen Lebensumständen auf den Höfen gibt. Fixe Normen, wie es zu sein habe, prallen auf uneinheitliche Ansprüche. Das Engagement  von LQB soll die Betroffenen mobilisieren, die Wert- schätzung für anders Denkende wiederzuerlangen.

Josef war sehr  unzufrieden mit Peter,  der gemeinsam  mit   seiner   „Stadtlerin“   den Hof  übernommen hatte.  Er beklagt,  dass der Junge gar nicht  so tut, wie es sich gehört. Da könne  nichts  Gutes herauskommen. Doch zwischen  Josef und Peter  liegt viel Zeit, viel Entwicklung, die „Stadtlerin“ ist eine Frau, die in Absprache mit ihrem Peter  gerne  noch  erfolgreich ihren  Beruf ausüben will. Wenn  die Kinder  kommen, dann  wollen sie es neu entscheiden. Peter und seine Freundin haben es verabsäumt, den Eltern  ihre  Absichten  zu  berichten. Ganz oft geht es nicht ums Fragen, ob man etwas darf, sondern sich gegenseitig informieren,  was am Hof aufgrund der gegenseitigen Abhängigkeit auch notwendig  ist.

Wirtschaftlicher Druck

Der Druck durch enge wirtschaftliche und arbeitsbelastungstechnische Herausforderungen nimmt  den Familien mitunter die Luft zur erstrebenswerten Lebensqualität. Investitionen werden getätigt, ohne gründlich und familiendemokratisch zu planen. Zu beachten  ist  auch, dass  in den  bäuerlichen Familien  der  Wunsch  wächst  nach gemeinsamer Zeit, nach  einer  Verständigung  untereinander, nach Modellen,  die das   Zusammenleben   der   Generationen erleichtern. Die Middle-Ager  (50–65) wissen darum, dass die Jungen Verantwortung übernehmen wollen und auch können. Diese wiederum schätzen die Kraft und das Wissen  der Älteren. In Großfamilien wird zunehmend versucht, der Vielfalt der Fa- milienmodelle gerecht  zu werden und sich auch  zu unterstützen. Die jungen  Frauen, die auf die Höfe kommen, müssen noch stärker das  Gefühl  bekommen,  dass  ihre Art zu leben  genauso  in Ordnung ist. Sie brauchen eine offene Aufnahme, damit sie ihr  Potenzial  einbringen können.  Das gilt genauso für die die jungen Männer.

Über Bildungsangebote und individuelle Beratung  will Lebensqualität Bauernhof Menschen ermutigen, sich Raum zu schaffen, ihre Lebensräume mit  Freude, guten Begegnungen  und emotionaler Kraft zu gestalten.

Dieser Artikel erscheint im neuen Reimmichl-Kalender 2019.

Für unsere LeserInnen vorab schon jetzt 🙂

 

 

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